„Once they become CEOs, they face new responsibilities. They now must make capital allocation decisions, a critical job that they may have never tackled and that is not easily mastered. It’s as if the final step for a highly-talented musician was not to perform at Carnegie Hall but, instead, to be named Chairman of the Federal Reserve.“ – Warren Buffett
Die meisten CEOs haben sich über die Produktseite in der Hierarchie des Unternehmens an die Spitze gearbeitet. Und das ist auch richtig so, denn nur Unternehmen, die ihren Kunden qualitative Produkte oder Dienstleistungen zu einem fairen Preis anbieten, können sich langfristig am Markt behaupten. Aus Sicht des Investors gibt es jedoch noch eine zweite, bisher weniger beachtete Funktion des Managements: die optimale Allokation der Ressourcen – auch Kapitalallokation genannt.
Welche Möglichkeiten der Kapitalallokation hat das Management?
Grundlegend hat das Management vier Optionen, die Kapitalallokation zu gestalten.
- Das Unternehmen reinvestiert das Kapital intern, um zukünftig höhere Gewinne einzufahren und so den Wert langfristig zu steigern. Solange die Rendite für das zusätzlich intern investierte Kapital höher ist als die Kosten für das Kapital, generiert das Unternehmen zusätzlichen Wert für seine Aktionäre.Eine Studie von McKinsey hat belegt, dass Investitionen in das eigene Geschäft, insbesondere in Forschung & Entwicklung, den höchsten Wert für Aktionäre kreieren. Auf der anderen Seite ist mit Investitionen in F&E auch das größte Risiko verbunden, da es hin und wieder zu einer Nullnummer kommen kann. Der ungewisse Erfolg ist ein Grund, weshalb sich kurzfristig denkende CEOs häufig dagegen entscheiden und lieber mit einer fantasiereichen Übernahme oder einer hohen Dividende am Markt Zuspruch suchen.
- Das Unternehmen übernimmt ein anderes Unternehmen oder schließt sich mit diesem zusammen. Gemäß einer Studie der Bank Credit Suisse verschlingen M&A das meiste Kapital. Während Zukäufe manchmal zusätzlichen Wert kreieren, vernichten Akquisitionen meistens Wert. Insbesondere trifft dies für transformative Übernahmen in neue Geschäftsfelder zu, die häufig mit einem zu hohen Kaufpreis zu Buche schlagen. Vielversprechend hingegen sind sogenannte Bolt-On-Akquisitionen, also kleinere Übernahmen von Unternehmen in demselben Geschäftsfeld, die nahtlos in die bisherige Geschäftstätigkeit integriert werden können. M&A-Aktivitäten sind in der Regel besonders ausgeprägt, wenn die Wirtschaft brummt, Kapital günstig ist und die Aktienkurse hoch sind. Jedoch hat die Vergangenheit gezeigt, dass ein antizyklisches Vorgehen den größten Erfolg verspricht.
- Das Kapital, das nach allen operationellen und eventuell sinnvollen Zukäufen übrig ist und für welches das Unternehmen keine rentable Verwendung mehr hat, sollte an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Dies kann entweder in Form einer Dividende oder einem Aktienrückkauf erfolgen. Bei einem Aktienrückkauf erwirbt das Unternehmen eigene Aktien – dadurch sinkt die Anzahl der ausstehenden Aktien und der Gewinn pro Aktie steigt dementsprechend an. Das entscheidende Kriterium für die Effektivität von Aktienrückkäufen ist die aktuelle Bewertung der Aktie. Sofern eine Unterbewertung vorliegt, kreieren Rückkäufe Wert für die Aktionäre. Ist die Aktie jedoch überwertet, wird Kapital verschwendet.
- Anstatt eines Aktienrückkaufs kann sich das Unternehmen auch dafür entscheiden, eine Dividende an die Aktionäre auszuschütten. Im Gegensatz zum Rückkauf schafft diese Form der Kapitalverwendung niemals Wert; sie zerstört ihn aber auch nicht. Das Kapital wird lediglich von dem Unternehmen an die Aktionäre „weitergegeben “. Aus diesem Grund sollte die Dividende immer die letzte Wahl der Kapitalallokation sein. Nur wenn es keine Möglichkeiten gibt, das Kapital wertsteigernd zu verwenden, sollte sie ausgezahlt werden.
Die optimale Kapitalallokation ist intelligent und opportunistisch
„The first law of capital allocation – whether the money is slated for acquisitions or share repurchases – is that what is smart at one price is dumb at another.“ – Warren Buffett
Eine intelligente Kapitalallokation beinhaltet, sämtliche Möglichkeiten der Kapitalverwendung abzuwägen und sich für die Option(en) zu entscheiden, die den größten Wert pro Aktie versprechen.
Opportunistisch bedeutet, dass die Entscheidung der Kapitalallokation nicht etwa prinzipiell, sondern den Umständen entsprechend getroffen werden sollte.
Grundlegend ist keine Kapitalverwendung einer anderen überlegen, es geht immer um die Frage nach dem Preis. Oder, anders gesagt, die höchste zu erwartende Rendite ist entscheidend – unabhängig davon, ob es sich um die Entwicklung eines neuen Produkts, den Bau einer effizienteren Fabrik, die Expansion in ein neues Land oder die Übernahme eines Konkurrenten handelt. Liegt die erwartete Rendite unter den Kapitalkosten sollte ein Unternehmen das überschüssige Kapital immer an seine Aktionäre ausschütten.
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich Unternehmen häufig bei der Wahl der optimalen Kapitalverwendung schwertun. Entscheidungen werden in der Realität oft zum falschen Zeitpunkt getroffen. Wie bereits erwähnt, tätigen Unternehmen Deals, wenn die Konjunktur auf Hochtouren läuft und die Preise hoch sind. Darüber hinaus werden Dividendenausschüttungen in der Regel pauschal und unabhängig von der Attraktivität der jeweiligen Alternativen vorgenommen. Sobald sich ein Unternehmen für eine bestimmte Dividendenpolitik ausgesprochen hat, wird vom Markt erwartet, dass sich die Dividende beständig wie ein Schweizer Uhrwerk stetig erhöht. Das kreiert zwei Probleme für die Unternehmensführung: Zum einen ist das Unternehmen an die Dividendenpolitik gebunden, auch wenn sie das Kapital in einem gegebenen Jahr effizienter verwenden könnten. Auf der anderen Seite kann ein Unternehmen, das keine attraktive Verwendung für das überschüssige Kapital parat hat, nicht deutlich mehr als im Vorjahr ausschütten, da sonst die neue Dividende als Messlatte für zukünftige Dividenden genommen wird.
Das Telefonat zweier Giganten: Jobs und Buffett
In einem CNBC Interview aus dem Jahr 2012 erzählt Buffett von einem Telefonat mit Steve Jobs, dem damaligen CEO von Apple. Inhalt des Gesprächs war die Verwendung der Barreserven von Apple in Höhe von $50 Mrd. Nachdem Steve Jobs größere Übernahmen sowie eine Dividende kategorisch ausschloss, blieb ihm lediglich die Möglichkeit eines Aktienrückkaufs. Auf Buffetts Frage, ob er (Steve Jobs) Apple für unterbewertet halten würde, meinte dieser „very undervalued“ (sehr unterbewertet) – die Aktie stand zum Zeitpunkt des Gesprächs im Jahr 2010 bei circa $30 pro Aktie (bereinigt um den 7 zu 1 Aktiensplit aus 2014). Trotz der hohen Barreserven und dem günstigen Aktienkurs entschied sich Jobs jedoch gegen ein Aktienrückkaufprogramm.
Was wäre wenn? Apple mit und ohne Aktienrückkäufe
Nach dem tragischen Tod von Steve Jobs übernahm Tim Cook die Führung von Apple und initiierte im Jahr 2012 ein Aktienrückkaufprogramm. Mit einigen Anpassungen ist es möglich, zu bewerten, wie viel zusätzlicher Wert durch die Rückkäufe geschaffen bzw. vernichtet wurde.
Die zwei wichtigsten Anpassungen sind:
- Gewinn pro Aktie ohne die Aktienrückkäufe
- Cash Reserven heute ohne den Rückkauf eigener Aktien
Apple mit Aktienrückkäufen
Wir gehen von einem Aktienkurs von $169 (Stand: 01.01.18) aus. Der Gewinn im Geschäftsjahr 2017 lag bei $48,35 Mrd. aufgeteilt auf ca. 5,25 Mrd. Aktien war der Gewinn pro Aktie $9,21. Das KGV betrug demnach 18,375. Bereinigt um die Netto-Cash-Position von Apple war das KGV 15,21. Anhand dessen kann man den Wert des operativen Geschäfts pro Aktie berechnen – dieser lag bei $140,04. Die Barreserve stand zum Jahresende bei $153 Mrd., der Cash Bestand pro Aktie lag bei $29,18. Der Aktienkurs setzt sich somit folgendermaßen zusammen:
Bewertung des operativen Geschäfts: $140,04
Plus Cash Bestand pro Aktie: $29,18
Aktienkurs: $169,23
Apple ohne Aktienrückkäufe
Vor Beginn der Aktienrückkäufe lag die Anzahl der ausstehenden Aktien bei 6,617 Mrd., durch die aktienbasierte Vergütung wäre die Aktienanzahl mittlerweile auf ca. 6.838 Mrd. angestiegen. Basierend darauf würde der Gewinn pro Aktie heute bei 7,07 liegen. Multipliziert mit dem cash-bereinigten KGV von 15,21 erhalten wir einen Wert pro Aktie für das operative Geschäft von $107,53. Ohne Aktienrückkäufe hätte Apple heute Barreserven in Höhe von $319 Mrd. (pro Aktie $46,64). Durch die Aktienrückkäufe konnte sich Apple außerdem $1,42 Dividende pro Aktie sparen, da sie die Dividende an eine geringere Anzahl ausstehender Aktien ausschütten konnten.
Bewertung des operativen Geschäfts: $107,53
Plus Cash Bestand pro Aktie: $46,64
Minus zusätzlich gezahlte Dividende $1,42
Aktienkurs $152,75
Durch die Aktienrückkäufe wurde ein zusätzlicher Wert für die Aktionäre von 10,8 % geschaffen. Das Beispiel demonstriert, dass sich die Aktienrückkäufe im Fall von Apple gelohnt haben. Aufgrund des überaus hohen und immer weiter ansteigenden Cash Bestands war es notwendig zu reagieren, vor allem unter Berücksichtigung der niedrigen Zinsen, die momentan mit Cash verdient werden. Man bedenke, dass Steve Jobs sich bereits bei einem Aktienpreis von $30 Dollar mit dem Thema auseinandersetzte. Hätte er sich bereits zu dieser Zeit dazu entschlossen, eigene Aktien zurückzukaufen, würde der Aktienpreis heute aller Voraussicht nach deutlich höher stehen. Apple Aktionäre werden es ihm verzeihen.